Bezirksregierung
Arnsberg

“Together for Europe - Together for Justice”

“Projekte wie dieses sind ein wertvoller Impuls für die Gestaltung einer demokratischen Gesellschaft!” Mit diesen Worten fasste am Ende eines fünftägigen Prozesses eine Teilnehmerin das eigene Erleben zusammen. Aber von Anfang an…  

Vom 13.-17.05. trafen sich 20 Lehrerinnen und Lehrer aus der Ukraine, Italien, Frankreich und Deutschland zu einer europäischen Lehrkräftefortbildung in der Werner-von-Siemens-Gesamtschule in Unna. Im Mittelpunkt standen die “Traffic Signs of Justice” (Verkehrsschilder der Gerechtigkeit), ein internationales und partizipatives Kulturprojekt des Künstlers Johannes Volkmann (Das Papiertheater, Nürnberg). Die 5-tägige Veranstaltung, organisiert durch das Dezernat 46.3 der Bezirksregierung Arnsberg zielte darauf ab, Lehrkräfte aus ganz Europa zusammenzubringen und kreative Lehr- und Lernmethoden rund um das Thema Demokratiebildung zu fördern.

Die Woche begann mit fachlichen Inputs, gruppendynamischen Übungen und gemeinsamen Austausch zur Demokratiebildung in Schule, angeleitet durch Markus Klecker (Fachleitung für die Lehrkräftefortbildung) und Moderierende für “Interkulturelle Schulentwicklung - Demokratie gestalten”. 

Am Dienstag stellte Johannes Volkmann den teilnehmenden Lehrerinnen und Lehrern das Projekt vor: “Verkehrsschilder der Gerechtigkeit”. Entwickelt von Kindern auf einer Gipfelkonferenz, präsentieren die an reale Verkehrsschilder angelehnten Schilder Themen wie Respekt, Gleichberechtigung und Frieden. So wie Straßenverkehrsschilder international verstanden werden, sollen auch die “Verkehrsschilder der Gerechtigkeit” ein Ausdruck allgemeingültiger menschlicher Werte sein.

Besonders bewegend: Olha Marynina, ukrainische Lehrerin, nahm gemeinsam mit einer Kollegin 60 Stunden Busfahrt in Kauf, um dabei sein zu können. In ihrem Unterricht in der Ukraine hatte sie bereits das Schild "Kein Krieg" genutzt, um mit ihren Schülerinnen und Schülern über Frieden zu sprechen. Sie präsentierte auch ein selbst entwickeltes Schild: Ein Gefahrenzeichen mit schützenden Händen und der Aufschrift "Schützt Kindheit! Schützt Zukunft!". 

Am nächsten Tag traf die Gruppe auf Schülerinnen und Schüler einer siebten und achten Klasse der Werner-von-Siemens-Gesamtschule. Der Fokus lag an diesem Tag auf der Erarbeitung gemeinsamer Papiertheater-Szenen, die am Donnerstag auf dem Rathausplatz in Unna präsentiert wurden. Besonders faszinierend war die Zusammenarbeit zwischen den Schülerinnen und Schülern und den Lehrerinnen und Lehrern. Ganz im Sinne des Titels der Fortbildung wurde die Szene demokratisch und gleichberechtigt von allen Teilnehmenden erarbeitet. Auch Piet Schneidereit, Schüler der Werner-von Siemens Gesamtschule und Darsteller in der Papiertheater-Szene, fand “man konnte sich gut mit den Lehrern austauschen.”

Der Donnerstag hatte den Schwerpunkt im Rahmen eines öffentlichen Auftritts auf das Anliegen einer demokratischen Schule und Gesellschaft aufmerksam zu machen. Auf dem Rathausplatz von Unna wurde die Installation "Verkehrsschilder der Gerechtigkeit" eröffnet. Bürgermeister Dirk Wigant zeigte sich stolz, dass Unna Gastgeber einer solch wichtigen internationalen Lehrkräftefortbildung sein durfte.

Lehrerkräfte und Lernende vereinten sich zu einem eindrucksvollen Bild: Buchstabe für Buchstabe formten sie aus ihren Vornamen den Slogan "Bau Demokratie - Ja". Nach und nach erklang der Satz in allen Sprachen der Teilnehmenden, Gänsehaut inklusive. Als die ukrainische Version ertönte, brach der Bann: Applaus und Jubel brandeten auf, ein starkes Zeichen der Solidarität.

Die temporäre Montage der Verkehrsschilder markierte den Abschluss der Präsentation. Doch der Tag war noch lange nicht vorbei: Gemeinsam vertieften die Lehrkräfte ihr Wissen über die Inhalte der Schilder und diskutierten deren Einsatz im Unterricht. Später lernten die Lehrerinnen und Lehrer die Stadt Unna kennen und besuchten das Lichtkunstmuseum. 

Der Freitag begann mit einem Workshop, der sich mit der Frage beschäftigte, wie die Inhalte ins eigene System transferiert werden können. Am Nachmittag schloss sich ein Forum für weitere Lehrerinnen und Lehrer aus der Umgebung an. Mit über 35 Personen wurde mitten in der Unneraner Innenstadt vorgestellt, diskutiert und ko-kreiert, wie die Arbeit mit den Verkehrsschildern der Gerechtigkeit weitergehen kann.

Während der gesamten Woche haben die Teilnehmenden ihre Eindrücke in Sprachnachrichten festgehalten, die zur Reflexion der Woche dienten. Zusammen mit den Interviewausschnitten von den Organisatoren und Moderierenden der Bezirksregierung Arnsberg werden sie nun zu einem Podcast geschnitten, der in Kürze über unsere Website veröffentlicht wird.

Weitere Infos zum Thema “Interkulturelle Schulentwicklung - Demokratie gestalten” gibt es unter https://www.bra.nrw.de/bildung-schule/unterricht/demokratiebildung. Wer sich für die Verkehrsschilder der Gerechtigkeit interessiert, dem sei die Homepage des Projektes empfohlen https://verkehrsschilder-der-gerechtigkeit.de.

Podcast

Audio
13:19 Minuten
27. Mai 2024

Sag mal Markus, wie ist das Ganze denn jetzt eigentlich zustande gekommen mit den Verkehrsschildern der Gerechtigkeit und unserer European Week in Unna?

Eigentlich Schuld, dass du krank warst und nicht mit nach München fahren konntest. So musste ich alleine nach München fahren und war da so einsam in München. Und als ich dann bei dem Demokratietag in Bayern, das war der erste bayerische Demokratietag, ankam, sah ich direkt einen sehr sympathischen Menschen und dachte, wenn ich schon alleine hier bin, mache ich zumindest ein bisschen Smalltalk. Aus diesem Smalltalk ist ein sehr ernsthafter Talk geworden, weil der Johannes Volkmann mir seine Verkehrsschilder der Gerechtigkeit vorgestellt hat. Und über den Tag habe ich sehr viel mit ihm darüber geredet. Und am Ende habe ich ihm gesagt, ich glaube, du hättest die Anna kennenlernen müssen. Die wäre eigentlich heute mit dabei gewesen. Mit Anna könnte man mit Sicherheit ein tolles Projekt machen. Ich zeige dir mal ein paar Karten von Anna und ihrem Projekt und dann bleiben wir vielleicht mal in Verbindung. Und dann bin ich am nächsten Tag wieder nach Arnsberg gekommen. Ich glaube, ich habe dir die Karten der Verkehrsschilder der Gerechtigkeit mitgebracht aus München.

Genau, ich erinnere mich noch dran, als du in unserem Europabüro dann aufliefst mit den ganzen Materialien. Und ich brannte dann erstmal so für die Idee, denn das tun wir ja beide, für die Stärkung der Demokratie. Und dann hast du erzählt, dass er schon in Europa mit der Idee unterwegs war. Und Europa ist ja mein Schlüsselwort, da hat es bei mir geklingelt. Und ich dachte, komm, da machen wir irgendwas mit Erasmus draus. Da trommeln wir unsere internationalen Netzwerke und Lehrkräfte zusammen und nehmen noch Lehrkräfte aus unserem FVA-Netzwerk mit dazu und starten das Projekt mal hier in der Bezirksregierung Arnsberg.

Der fünftägige Workshop, organisiert durch das Dezernat 46.3 der Lehrerfortbildung in Zusammenarbeit mit dem Büro für kulturelle Bildung und Johannes Volkmann von Das Papiertheater, zielt darauf ab, Lehrkräfte sowie Pädagoginnen und Pädagogen aus ganz Europa zusammenzubringen. Der Kurs konzentriert sich auf kreative Lehr- und Lernmethoden rund um das Thema Demokratiebildung, kulturellen Austausch und die Vertiefung des Verständnisses von Gerechtigkeit durch künstlerische Workshops einschließlich Collage und Theater. Lassen Sie uns gemeinsam erleben, was in dieser transformativen Woche passiert ist. Tag 1:

Ich war wirklich inspiriert, so wundervolle Menschen aus verschiedenen europäischen Ländern zu treffen und die Möglichkeiten der Förderung der demokratischen Bildung in den Schulen zu diskutieren. 

Es war ein echtes Ereignis. Ich war überrascht, wie dieser Kurs angefangen hat. Ich finde es fantastisch, dass ein zufälliges Treffen so eine wichtige Verbindung zwischen uns allen entstanden ist.

Durch die vielen Gesprächsanlässe bereits am ersten Tag wurde mir wieder vor Augen geführt, wie viel Ungerechtigkeit und Leid in der Welt doch herrscht und wie wichtig es ist, dass wir für Gerechtigkeit kämpfen und für Demokratie in der Schule, auf der Welt und einfach zwischen uns Menschen.

An Tag 2 stellt der Künstler Johannes Volkmann der Gruppe die Verkehrsschilder der Gerechtigkeit vor. Anschließend beginnen die Gruppenarbeiten, um Ideen für Schulprojekte zu entwickeln.

Der morgige Tag wird eine allgemeine Einführung sein in das Projekt Verkehrsschilder der Gerechtigkeit. Das heißt, die acht verschiedenen Motive dieser Schilder werden vorgestellt, in der Form, dass wir uns jedes Schild einzeln anschauen, behandeln und nach Erlebnissen fragen. Also, was ist in deiner Schule, in deinem Land das Thema der Gleichberechtigung, des Rassismus, der Umweltverschmutzung, der Diversität? All diese Themen behandeln ja die Schilder. Und somit wird es zu der inhaltlichen Fragestellung dann auch eine kleine Verbildlichung geben mit Buntpapieren, wo man dann diese Gespräche zu einem kleinen visuellen Bild zusammenfügt.

Die Methode Kommunikation über Papier, Papier zerreißen, Papier zerschneiden, Formen aus Papier gestalten und das über einen Disput, einen Konflikt auszutragen, fand ich sehr interessant. 

Nach der Mittagspause wollen wir ein T-Shirt- Projekt machen. Ja, was ist die Demokratie? Es ist letztendlich ja ein Einstehen für die eigene Meinung. Dazu ist ja auch dann die Frage, für was stehe ich und was trage ich nach außen? Somit werden wir TShirts gestalten mit einem Verkehrszeichen. Also dieses Zeichen, was einem am wichtigsten, am nächsten ist, oder man erfindet ein eigenes Motiv. Dieses wird über eine bestimmte Technik, eine künstlerische Technik, die ich dann zeige, auf dieses T-Shirt gemalt. Und der Gedanke dieser T-Shirts ist tatsächlich, dass man dann mit dem T-Shirt rausgeht auf die Straße und Passanten anspricht und sagt hier, ich stehe dafür, wie findest du das, wie finden Sie das? Wenn Sie das gut finden, dann unterschreiben Sie bitte auf der Rückseite.

Es hat mir heute einen riesengroßen Spaß gemacht, unsere T- Shirts mit Verkehrsschildern der Gerechtigkeit zu dekorieren. Wir haben einen Tag mit der Kunstsprache experimentiert.

Es hat mich erstaunt, dass ich eine Bild lesen konnte, aber nicht so einfach beschreiben konnte.

Als freischaffender Künstler versuche ich natürlich, auch künstlerische Techniken den Lehrerinnen weiterzugeben. Und das wird am Anfang des Tages stehen, es ist die sogenannte Collage-Technik. Das heißt, aus Zeitungen, Zeitschriften, Dinge auszuschneiden und die neu zusammenzufügen, dass sozusagen freie Assoziationen und freie Texte entstehen. Diese Technik kann man sehr schön anwenden, zum Beispiel für diesen Projektkalender, für die Gestaltung des Projektkalenders. Und somit wird der Tag, der Anfang des Tages davon geprägt sein. Und dann im Teil 2 steht unsere Aufmerksamkeit tatsächlich an einer Papier- Theaterszene. Wir werden also szenisch arbeiten und das eben in Kombination mit einer Schulklasse. Es wird also eine Schulklasse kommen von, ich glaube, 15, 16 Jugendlichen, die zusammen mit der ganzen Delegation an einem Papiertheater arbeiten. Papiertheater muss man sich so vorstellen, es ist das Material Papier, was im Vordergrund steht und es geht darum, die Möglichkeiten, die man mit dem Papier hat, szenisch, choreografisch einzustudieren. Als praktisches Beispiel, alle knüllen ihr Papier und werfen es hoch, alle zücken eine Schere, schneiden einen Buchstaben aus, dann entsteht ein Wortspiel daraus.

Als Johannes am Anfang das Blatt geschnitten hat, ich wusste erst mal nicht, worum es ging. Erstmal war es eine Kerze, doch dann war es eine Menschenkette. Und dann habe ich erst mal realisiert, dass man Sachen nicht alleine schaffen kann, dass wir erst Sachen schaffen könnten, wenn wir gemeinsam sind. Weil gemeinsam sind wir halt einfach stärker.

Ich bin überrascht von dem, was heute geschehen ist. In der Vielfalt an Aktivitäten, die wir die Woche über gemeinsam durchführen, es herrscht ein interdisziplinärer Zugang zum Thema und der Austausch zwischen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ist sehr gewinnbringend und der Umgang miteinander äußerst wertschätzend.

Dass wir so etwas Gutes auf die Beine gestellt haben, obwohl wir vielleicht nicht Italienisch oder Französisch gesprochen haben, aber wir es hinbekommen haben, so etwas auf die Beine zu stellen, obwohl wir so unterschiedlich waren.

Am dritten Tag unseres Projekts war ich besonders beeindruckt von der Art und Weise, wie die Kinder die Teilnahme am Papiertheater wahrnehmen. Sie waren sehr offen und ehrlich, hatten viele Ideen und hatten Spaß daran, zu spielen und sich zu verwandeln. Für die Erwachsenen gab es eine Menge zu lernen.

Es ist erstaunlich, wie man mit Hilfe eines einfachen Blattes Papier und Fantasie unglaubliche Bilder erschaffen kann, lebendig und anschaulich. Es ist extrem wichtig, dass Kinder diese Bilder sehen können, dass sie wissen, wie sie spielen können und dass sie bereit sind, ihre Gefühle und Phantasien anderen zu teilen. Der vierte Tag führt die Delegation zum Rathausplatz von Unna, um dort die Installation der Verkehrsschilder der Gerechtigkeit durchzuführen.

Anschließend zeigen die Lehrkräfte zusammen mit den SchülerInnen die gemeinsam entwickelte Papiertheaterszene.

Mich hat heute sehr die Arbeit mit und für Menschen inspiriert, die Kraft des Schaffens zu spüren, zu erkennen und widergespiegelt zu bekommen. Heute wurde ich durch unsere gemeinsame Arbeit inspiriert.

In der Ukraine sagt man, gemeinsam sind wir stark. Einmal mehr bin ich davon überzeugt, dass die Menschen nur gemeinsam ihre Ziele erreichen können. Darunter die Überwindung von Armut und Hunger, die Beendigung des Krieges und der Aufbau einer gerechten und demokratischen Gesellschaft.

Ich wurde von dem ganzen Projekt der Verkehrsschilder der Gerechtigkeit und von Johannes inspiriert, ein fantastischer Künstler mit so einem großen Herzen.

Ich war auch überrascht von der positiven Reaktion, die wir nach der Ausstellung von den Menschen um uns bekommen haben. Ich fand es faszinierend, dass so viele Kulturen, Sprachen und Leute aufeinander trafen und alle miteinander harmonierten.

Keiner hat sich dafür interessiert, wie man aussieht oder wo man herkam. Es war einfach dieses Beisammensein, das mich so inspiriert hat, weil das ist ja eigentlich auch das Einzige, was zählt. Ich werde hier die Erfahrung mit allen Ideen teilen.

Die Verkehrsschilder der Gerechtigkeit. Ich wurde von der Macht einer Idee inspiriert. So viele Menschen, die gemeinsam in die gleiche Richtung gehen.

Together for Europe, together for justice.

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